In einer aktuellen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (24.08.2020, 12 TaBVGa 1015/20, Pressemitteilung vom 25.08.2020) entschieden, dass der Arbeitgeber mit Verweis auf den Infektionsschutz eine Sitzung des Betriebsrates als Präsenzsitzung nicht untersagen kann.

Trotz Corona Präsenzsitzung des Betriebsrates hinzunehmen

Der Fall:

In dem zu entscheidenden Fall hat der Arbeitgeber gegenüber dem bei ihm gebildeten Gesamtbetriebsrat Präsenzsitzungen untersagt. Die Sitzungen seien wegen der Covid-19 Pandemie und der Risiken durch das überregionale Zusammentreffen der Betriebsräte als Video- bzw. Telefonkonferenz durchzuführen. Bei Präsenzveranstaltungen bestehe bei der Arbeitgeberin, die Reha-Kliniken betreibt, eine erhebliche Gefahr einer Verbreitung der Erkrankung in den Kliniken. Dies sei nicht hinnehmbar.

Der Gesamtbetriebsrat verwies dagegen darauf, dass am Veranstaltungsort die geltenden gesetzlichen Maßgaben zum Infektionsschutz eingehalten würden.

Die Entscheidung:

Das LAG Brandenburg gab dem Gesamtbetriebsrat Recht. Die geplante Präsenzsitzung sei vom Arbeitgeber hinzunehmen.

Über Präsenzsitzung entscheidet der Betriebsrat

Zur Begründung führten die Richter aus, dass nach dem Betriebsverfassungsgesetz der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates über die Einberufung der Sitzung und damit auch über den Ort der Sitzung entscheide. Vorliegend sei auch zu berücksichtigen, dass bei der streitgegenständlichen Sitzung Wahlen anstünden und im Rahmen einer Video- und Telefonkonferenz eine gem. § 129 BetrVG geheim durchzuführende Wahl nicht möglich sei.

Schließlich sei nach der am Ort der Gesamtbetriebsratssitzung geltenden Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung die Durchführung der Sitzung zulässig.

Einzelfallprüfung für Präsenzsitzung stets erforderlich

Die Richter des LAG Berlin-Brandenburg ließen es allerdings offen, ob unter Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung der Covid 19 Pandemie etwas Anderes gelten könne, insbesondere für Sitzungen ohne anstehende Wahlen. Entscheidend sei stets eine Abwägung im Einzelfall.

Schulungen  des Betriebsrates ebenfalls als Präsenzveranstaltung möglich

Das Arbeitsgericht Cottbus hatte in der vergangenen Woche in zwei Beschlussverfahren im einstweiligen Rechtsschutz in einer ähnlichen Fallkonstellation zu entscheiden.

Dort ging es allerdings nicht um eine Präsenzsitzung des Betriebsrates, sondern um die Teilnahme einzelner Mitglieder des Betriebsrates an Schulungen als Präsenzveranstaltungen.

Auch hier argumentierte die Arbeitgeberin, dass bei Präsenzveranstaltungen Betriebsräte aus ganz Deutschland teilnehmen würden und hierdurch eine nicht hinzunehmende Gefahr bestehe, dass die Betriebsratsmitglieder nicht nur sich, sondern nach deren Rückkehr in den Betrieb auch Kolleginnen und Kollegen infizieren könnten.

Das Arbeitsgericht Cottbus folgte auch hier der Argumentation des Betriebsrates. Gem. § 37 Abs. 6 BetrVG entscheide der Betriebsrat über den Bedarf an Schulungen seiner Mitglieder. Hierbei könne der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht grundsätzlich auf Onlineseminare verweisen mit der Begründung, die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen beinhalte eine erhebliche Gesundheitsgefahr.

Haben Sie als Arbeitgeber oder Betriebsrat sonstige Fragen im Zusammenhang mit dem Betriebsverfassungsrecht? Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Peter Albert steht Ihnen gern zur Verfügung.